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Dire Straits , 1977 in London gegründet, präsentierten in allgemein gefälliger Spielweise Filme für die Ohren, die der ehemalige Journalist und ausgebildete Pädagoge Mark Knopfler aus der Erlebnissphäre seiner Nachbarschaft in Süd-London, aus zufälligen Begegnungen in der U-Bahn oder mitgehörten Gesprächen an der Supermarktkasse auf Songformat komprimierte. Es war eine Erfolgsformel, die Knopfler über die Jahre durch Anleihen bei englisch-irisch-schottischer Folklore und einem Stilmix aus Cayun und Country Swing, Ragtime und Texas Blues anreicherte und die sich in knapp drei Jahrzehnten auf rund 90 Millionen LPs und CDs verkaufen ließ. In dieser Zeit hatte sich der "Moll-Mann aus Überzeugung", so Peter Kemper in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", "zu einem der letzten großen Stilisten der E-Gitarre und zu einer Art Gralshüter erzählbarer Geschichten" stilisiert.

Mark Knopfler (voc, g), am 12. August 1949 in Glasgow, Schottland, als Sohn eines aus Ungarn emigrierten Architekten geboren, sein Bruder David (g), geb. am 27. Dezember 1952 in Glasgow, Freund John Illsley (bg), geb. am 24. Juni 1949 in Leicester, und Session-Drummer Pick Withers bildeten die erste Dire Straits-Formation, die 1978 ihr Debütalbum herausbrachte und mit Sultans Of Swing "einen der klassischen Songs der 70er Jahre" ("Billboard") ablieferte. Die Hommage an eine Dixielandband aus einem Vorort-Pub Londons enthielt alle akustischen Kennmarken des später millionenfach verbreiteten Dire Straits-Sounds: in einem Dylan-ähnlichen Sprechgesang dahingemurmelte Vocals, sparsame Gitarrensoli, die Tiefgründigkeit vermuten lassen, sacht federnder Druck von der Rhythmusgruppe, eher angedeutete als ausgeführte Melodien.

"(Knopfler) ist ein Filigranarbeiter, kein expressiver Gitarrero; seine Musik rockt nicht - sie rollt" ("Der Spiegel") und erinnerte in ihrer Lässigkeit und Flüssigkeit des Spiels an J. J. Cale (siehe Bio). "Wie Cale", erkannte der "New Musical Express", "repräsentiert Knopfler einen amerikanischen Archetypus - den stillen, starken Helden." - "Seine kühlen, seidigen Stratocaster-Soli" ("Rock"), an Django Reinhardt und B. B. King gleichermaßen orientiert, "sind so gut, dass einem angst und bange wird" ("Stereo Review"). Knopflers Manie, gelegentlich bei seinen Songs in die Rolle unsympathischer, bigotter, rassistischer Charaktere zu schlüpfen (In The Gallery, Money For Nothing), ohne eine Distanzierung anzudeuten, wurde zunehmend als "politisch schlimm" und "Mangel an Feingefühl" ("Village Voice") getadelt. Doch der Bandleader schob alle Verantwortung für Missverständnisse auf seine Zuhörer: "Das ist deren Problem."

Zum ständig fluktuierenden Dire Straits-Personal gehörten im Lauf der Jahre Hal Lindes (g), Alan Clark (kb), Tommy Mandel (kb), Terry Williams (dr), Jack Sonni (g), Guy Fletcher (kb), Chris White (fl, sax). Den Höhepunkt ihrer Karriere erreichten sie mit dem von Mark Knopfler geschriebenen, mit Neil Dorfsman koproduzierten und außerordentlich radiofreundlichen Album Brothers In Arms (1985). Es hielt sich neun Wochen auf Platz eins der US-Pop-Chart und erreichte die Spitze der Hitparaden in 25 Ländern. Über die Jahre wurden mehr als 26 Millionen Exemplare davon verkauft. Bei den Brit Awards im Februar 1986 wurden Dire Straits zum zweiten Mal zur besten englischen Gruppe gekürt und strichen drei weitere Preise ein.

Ein ganzes Jahr waren sie mit dem Produkt weltweit unterwegs. Nach dem globalen Erfolg geriet die Band in dire straits (eine vertrackte Situation): Knopfler hatte inzwischen so viele Soloaktivitäten entfaltet (Kino-Soundtracks für "Local Hero", "Cal", "Comfort and Joy", Producer für Bob Dylan, Randy Newman und andere Rock-Acts, Songautor - Private Dancer - unter anderen für Tina Turner), dass er nicht viel Lust verspürte, noch einmal im Gruppenverband live oder auf Platte zu musizieren. Der Goodwill mancher kritischen Rockfans hatte sich ohnehin erschöpft: "Knopfler möchte gern wie Tom Waits schreiben, wie Dylan singen, so ausgebufft und smart wie Lou Reed sein und die Arbeiterklasse um sich scharen wie Bruce Springsteen. Aber ihm gelingt nichts davon, weil er ein Langweiler ist" (Barry Walters in der "Village Voice").

1988 beanspruchten seine eigenen Projekte und Pläne so viel Zeit, dass er Ende des Jahres die Auflösung der Dire Straits bekanntgab. 1990 sah man ihn wieder im Gruppenverband: Zusammen mit alten Freunden wie Brendan Croker, seinem Gitarrenbauer Steve Philips, Guy Fletcher und Paul Franklin gründete er die Notting Hillbillies und spielte die LP Missing ... Presumed Having A Good Time ein. Der Erfolg dieser Countryplatte reichte für eine Tour durch Großbritannien, dann verlor Workaholic Knopfler das Interesse an der Band. Auch die mit seinem Idol Chet Atkins aufgenommene und 1991 mit einem Grammy geehrte Platte Neck And Neck (1990) blieb ein einmaliges Projekt.

Dafür nahmen die Pläne, Dire Straits wiederauferstehen zu lassen, Gestalt an: Ende 1990 hatten Knopfler, Illsley und der frühere Bandmanager Ed Bicknell beschlossen, ein neues Dire Straits-Album aufzunehmen. Noch bevor On Every Street veröffentlicht wurde, begann die Band eine Welttournee, die zwei Jahre dauern sollte. Der Tournee schob der frischgebackene Ehrendoktor Knopfler gleich die Live-LP On The Night (1993) nach. Lebendig klang daran allenfalls der Beifall, aber auch der erschien manchen Kritikern manipuliert. : "Keine neuen Arrangements, keine überraschenden Wendungen, kein Moment musikalischer Größe." Ohne die Band offiziell aufzulösen, machte sich Knopfler an eine Solo-LP. Golden Heart, aufgenommen in Dublin, London und Nashville, wurde erst 1995 fertig: Knopfler hatte zwischenzeitlich wieder für andere Studioarbeit übernommen, beispielsweise für den Newcomer Sonny Landreth.

Durch das Album Live At The BBC (1995) blieb der Name Dire Straits im Gespräch. Knopfler sollte ihn später, besonders für Benefizkonzerte, auch durchaus noch verwenden. Doch im Rückblick markierte Golden Heart - Nummer neun in England, aber nur Platz 105 in den USA - einen Abschied und Neubeginn. "Ich denke, dass es für praktisch jede Unternehmung eine ideale Proportion gibt", erklärte der Gitarrist später im Gespräch mit Jörn Schlüter, "und bei den Dire Straits war sie verlorengegangen. Ich hatte gerade meine zweite Familie gegründet und wollte wieder Kontrolle gewinnen über die Verhältnisse in meinem Leben. Letztlich ging es wohl einfach auch darum, nicht wahnsinnig zu werden. Ich bin jetzt ein glücklicher Familienvater, umgeben von einer überschaubaren Gruppe von Menschen, und kann in Ruhe ein paar anständige Platten machen, wenn ich Lust dazu habe."

So lange hatte er keine Lust, dass ihn der britische "Guardian" nach einem Wohltätigkeitskonzert im Shepherds Bush Empire bereits als "the sultan of sleep" apostrophierte. Dafür kauften seine Fans das zweite Soloalbum Sailing To Philadelphia (2000), dem schnell The Ragpicker's Dream (2002) folgte, wie warme Semmeln. In Deutschland, Italien und Skandinavien kam Sailing auf Platz eins, in neun weiteren Ländern unter die Top Five. Beide CDs setzten eine Reise fort, die Knopfler schon mit Golden Heart begonnen hatte: von seiner Heimat Northcumberland nach Amerika und wieder zurück, "eine Art transkontinentaler Blues" (Knopfler). Nicht ganz unberechtigt deutete Maik Brüggemeyer im deutschen "Rolling Stone" Sailing als "breitwandigen Amerikanismus" und Ragpicker als einen "folkloristischen Selbstversuch" aus. Aber er pries das Detail: "Der Barjazz A Place Where We Used To Live (auf Ragpicker) ist das bezauberndste Stück, das Knopfler je schrieb (ja, schöner noch als Tunnel Of Love)".

Daran konnte nun wiederum das Album Shangri-La (2004) anschließen, das der Musiker, "der für eine Gitarrenphrase wohl jederzeit seinen weltweiten Erfolg opfern" würde ("FAZ"), nach einer Woche in einem gemütlichen Strandstudio fertig hatte. Brüggemeyer: "Schöne, oft auch behäbige Musik eines Gitarristen, für den eine neue Platte kein künstlerischer Ringkampf ist, sondern ein Urlaub in Malibu." Als 2004 Paläontologen auf Madagaskar einen Dinosaurier ausgruben, hörten sie dabei Knopflers Musik und nannten die bis dahin unbekannte Spezies masikasaurus knopfleri. In der Begründung hieß es, Dire Straits habe sie beim Buddeln sehr inspiriert. Als Mark Knopfler etwa zur gleichen Zeit gefragt wurde, wie er es denn anstelle, dass seine "Unternehmung" die richtige Proportion behalte, antwortete er: "Ich nenne sie nicht Dire Straits."